Der „Eichstätter Aufruf zu Achtsamkeit, Respekt und Wahrhaftigkeit beim Thema Flucht und Migration“ kann hier unterzeichnet werden. Er lautet:
Mit großer Sorge beobachten wir, die Unterzeichnenden dieses Aufrufes, die derzeitigen Geschehnisse rund um das Thema Flucht und Migration. Insbesondere in Politik, Medien, Journalismus und auf den digitalen Kommunikationsplattformen nehmen – nicht nur in den extremen Randbereichen, sondern in der Mitte der Gesellschaft – populistische Kommunikationsstrategien, respektloses Handeln und verkürzte, täuschende oder schlicht gelogene Aussagen zu. Auch in Kultur und Sport mehren sich menschenfeindliche und -verachtende Äußerungen und Handlungen.
Dies sind keine singulären Ereignisse. Hier werden gesellschaftliche Entwicklungen erkennbar, bei denen politische Ziele mit nationalstaatlicher Einhegung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verbunden werden. Dazu werden latent vorhandene Ressentiments strategisch wachgerufen, angesprochen und verstärkt.
Die damit einhergehenden Veränderungen werden langfristig wirksam sein. Wenn Meinungen und Fakten vertauscht und wenn aus Wahrheit Lügen werden, wenn Sicherheit sich in Unsicherheit verwandelt und wenn Vertrauen zu Misstrauen wird, verändern sich gesellschaftliche Strukturen. In Kauf genommen wird dann, dass Weltoffenheit, Toleranz und Menschlichkeit, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt insgesamt, auf der Strecke bleiben.
Die zunehmenden Flucht- und Migrationsbewegungen haben insbesondere 2015 zu einer beispiellosen Hilfsbereitschaft der deutschen Bevölkerung geführt. Aus egoistischen Zielen sind Flucht und Migration jedoch mittlerweile für bestimmte Gruppierungen offen sichtbar zu Anlass wie Motor geworden, um interessengeleitete politische Machtansprüche durchzusetzen. Nachvollziehbare Ängste und Fragen der Bevölkerung werden nicht ernstgenommen, sondern instrumentalisiert. Folgerichtig dominieren Verächtlichmachung, Herabwürdigung und offene Fremdenfeindlichkeit die öffentlichen Diskurse und mehr und mehr auch das Handeln Vieler in der Gesellschaft.
Diese derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnisse finden nur wenig Gegenwehr. Dabei unterminieren sie das Gemeinwohl, weil nicht mehr allen Menschen gleichermaßen Würde zugestanden wird. Die Verhältnisse bedrohen zudem den gesellschaftlichen Zusammenhalt als einen grundlegenden Konsens sozialer und humaner Verständigung.
Wir fordern daher alle gesellschaftlichen Mitglieder, insbesondere aber die Eliten in Politik, Wissenschaft, Medien und Journalismus auf, sich ihrer Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwohl bewusst zu werden. Dazu ist Achtsamkeit in der Wahl der Worte ebenso notwendig wie Wahrhaftigkeit, also das
wechselseitige Vertrauen in die Ehrlichkeit der Argumente.
Insbesondere aber fordern wir Respekt gegenüber allen in Deutschland lebenden oder hierherkommenden Menschen. Dies schließt insbesondere Geflüchtete und Migrierte ein. Sie sollten nicht nach irgendwelchem Wert beurteilt werden, sondern ihnen steht das zu, was wir – unabhängig von situativen Rahmenbedingungen – für uns selbst erwarten: Als Menschen mit Würde behandelt zu werden.